vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
Ja, das sieht man erst viel später, wenn man alles Revue passieren lässt. Dann kommt man drauf, dass spätere Probleme schon da und dort sichtbar wurden, aber nicht so stark, viel seltener und noch eingebettet in viele schöne Erfahrungen.Zumindest habe ich das so empfunden aber es schlich sich schon Unzufriedenheit ein.
Das ist ein guter Punkt. Bei uns war ein großer Einschnitt, dass wir aufs Land gezogen sind, wo er eigentlich her kommt. Kennen gelernt haben wir uns in der Stadt und dort hatten wir auch unsere schönen Jahre. Er hat hier am Land nach und nach wieder viele Eigenschaften der ländlichen Bevölkerung angenommen, die er in der Stadt nie hatte, Alkohol gehört da offensichtlich dazu und wird hier überall reichlich getrunken. Für mich ist damit auch eine gewisse Art von Grobheit verbunden, die ich früher nicht an ihm kannte.Irgendwann veränderte er sich auch. Ich mich aber auch. Ich wurde zickiger wegen seiner Trinkerei, nahm es nicht mehr so hin. Es gab viel Streit. Und ich merkte auch immer mehr, dass er eine andere Persönlichkeit hatte als ich in den ersten Jahren angenommen hatte.
Ja, so sehe ich das auch. Wobei das natürlich vice versa auch gilt. Ich bin auch nicht mehr die Frau, die ich mal war, aber ich setze mich meinen Problemen aus, ohne mich zu betäuben. Ich finde, das ist ein Unterschied. Meine größte Angst ist, ihm Unrecht zu tun und dann suche ich die Schuld erst wieder bei mir. Nicht unbedingt dafür, dass er trinkt, aber dafür, dass er mit mir auch nicht glücklich ist. Schuld und Scham, das hat mir mein Vater eingepflanzt. Obwohl der nie Alkohol getrunken hat. Aber emotionale Gewalt hat er auch ausgeübt.Ich hatte die "rosa Brille" auf, irgendwann dann nicht mehr und doch habe ich lange auch noch gehofft, ich könne ihn verändern, so machen, wie ich ihn anfänglich gesehen hatte.
Diese Geschichten gibt es bei uns gar nicht. Ich glaube auch nicht, dass er heimlich trinkt. Dazu ist er viel zu stur in seiner Wahrnehmung, dass ich ihn in seiner Freiheit einschränken will. Er ist ja auch nie betrunken. Das lässt mich ja auch immer wieder zweifeln.Wie viel er wirklich getrunken hat weiß ich bis heute nicht genau. Außer bei Feiern oder so. Alkoholiker können das gut vertuschen. Ich weiß nur, dass er bei mancher Familienfeier schon nach ca 30 Minuten völlig weggetreten war und ich nie wusste, warum und woher. Oft war ich nur kurz einkaufern und beim Zurückkommen saß er völlig weggetreten auf dem Sofa. Er hatte so seine Verstecke und Tricks, da wäre ich damals nie drauf gekommen. Ich war dann immer sehr verängstigt, er hatte ja auch mal eine Hirnblutung, ich dachte dann immer, er wäre krank oder bekäme gleich wieder epileptische Anfälle. Er selbst hat es immer abgestritten, mich als bekloppt hingestellt und meine Wahrnehmungen völlig verdreht...Er wäre nur müde, war immer sein Argument. Oder, er würde nach Alkohol riechen, weil das bestimmte Enzyme im Magen wären, die sich bei ihm bildeten
Das ist genau der Punkt, an dem ich stehe: kaltbluts Beitrag hat mir sehr zu denken gegeben und mich auf gewisse Weise entspannt. Letztlich ist es vielleicht gar keine Frage des Alkohols. Die letzten beiden Jahre habe ich so viel Zurückweisung, Abwertung und Lieblosigkeit erlebt, dass es eigentlich unerheblich ist, ob der Alkohol daran schuld ist oder nicht. Verschiedene Freunde die uns heuer besucht haben, haben das auch zum ersten Mal mitbekommen und waren ziemlich irritiert. Ich habe mich innerlich so entfernt, dass ich gar nicht weiß, ob es ein Zurück gibt, trocken oder nicht. So wie er jetzt ist, habe ich mein Interesse an ihm verloren. Wenn einer komplett stehen bleibt, wird der Abstand einfach zu groß. Zudem habe ich mich durch meinen Weg seit dem Sommer dahingehend verändert, dass ich wieder alle Kontakte aktiviert habe, die ich über die Jahre vernachlässigt habe. Ich sehe, dass ich ohne ihn gar nicht allein bin, sondern viele Menschen habe, mit denen ich die tollen und inspirierenden Gespräche führen kann, die wir früher miteinander hatten. Trotzdem bin ich noch lange nicht so weit zu wissen, dass ich es wirklich schaffe. Es ist wirklich ein großer Schritt und du weißt am besten, wie sich das nach so langer Zeit anfühlt.Mein Exmann war dann nüchtern aber trotzdem war einfach nichts mehr da, was mich mit ihm verband. Zu viel war passiert und als Mensch fand ich ihn einfach nicht mehr passend für mich. Ich hatte mich zu sehr verändert, er sich nicht. Dann ist es wirklich das beste, einen Schnitt zu machen
Bist du nicht diejenige, die noch eine schöne Beziehung gefunden hat?
Liebe Grüße
Anna