
Wir waren gerade recht frisch zusammen, als ich das erste mal in meinem Leben, jemanden kennen lernte der Drogen nahm. Das gefiel mir damals schon nicht, aber ich wäre mir so spießig vorgekommen, also tolerierte ich das. Alkohol, so behauptete er, wäre kein Thema bei ihm. Angeblich würde er nichts mehr trinken und er trank auch tatsächlich die erste Zeit nichts. Als wir dann eine Gartenfeier bei mir hatten und er auf einmal zum Radler griff, habe ich mir noch gar nichts dabei gedacht. Aber es blieb natürlich nicht bei einem Radler und schon da erfand ich für mich die erste Ausrede. Es ist ja schließlich eine Feier und damals trank ich selbst ganz gerne. Bis zu dem Tod von meinem Mann trank ich gar nicht. Es schmeckte mir einfach nicht und mir war einfach nur eckelig warm von dem Zeug. Auf der Beerdigung betrank ich mich das erste mal in meinem Leben und leider ließ ich mich durch falsche Freunde schneller auf diesen Zug ziehen, als mir lieb war.
Als wir dann eines Tages mit einem Kumpel von ihm, in seiner Wohnung saßen, hätten mich die Worte von ihm gleich aufhorchen lassen müssen, aber wenn man verliebt ist, dann sieht man ja alles leider durch die berühmte rosa Brille. Ich selbst hatte damals eine Magen-Op hinter mir und nahm über 60 kg ab. Ich fühlte mich das erste mal in meinem Leben S**, anziehend und erlebte das Leben irgendwie neu. Vielleicht war das auch ein Grund, warum ich so völlig die Kontrolle verlor.
Dann kam der erste heftige Streit und es eskalierte richtig. Wir hatten in der Badezimmertüre kleine Fensterscheiben und als er so laut wurde und ich sagte, dass ich gehen würde, kam er hinterher und bekniete mich zu bleiben. Erst auf die liebe Tour, danach wurde er lauter, agressiver und gemeiner. Er schlug mit der Faust gegen die Scheibe und schnitt sich dabei sehr tief. Ich versuchte die Blutung zu stillen, aber versucht mal einen Betrunkenen von Hilfe zu überzeugen. Er war wie ein wildes Tier und aus lauter Verzweiflung rief ich den Notdienst an. Irgendwie ahnte der Mann am anderen Ende der Leitung, dass etwas nicht stimmte. Mein Ex kam ins Zimmer und brüllte herum, mit wem ich da telefoniere und dieser eine Satz, von dem Mann am Telefon: Ist ihr Leben in Gefahr? ( wenn ich damals geahnt hätte, wie recht er damit noch behalten würde) und mein leises Ja, brachte eine Welle zum Vorschein, die ich bis dahin nur aus dem Fernsehen kannte. Ich hatte das Gefühl, mir reißt jemand den Boden unter den Füßen weg. Mein Ex brüllte die ganze Zeit, er bräuchte keine Hilfe, während das Küchenhandtuch schon vor lauter Blut tropfte, der Mann am Telefon redete die ganze Zeit mit mir und auf einmal klingelte es bei uns an der Haustür. Mein Ex öffnete die Tür und ich habe noch nie so viele Polizisten auf einmal gesehen. Da stand das ganze Treppenhaus voll, eine Ärztin war auch dabei und ich stand im Hintergrund und wusste einfach nicht was ich sagen sollte. Mein Ex tat so als wenn er der King wäre ( er arbeitet selbst im Sicherheitsdienst und stellt sich mit den Polizisten sehr gerne auf eine Stufe) und schon alleine von dem Müll, der aus seinem Mund kam, könnte ich mich heute noch in Grund und Boden schämen. Den Polizisten verweigerte er den Zugang zur Wohnung und faselte immer was von, er kenne seine Rechte. Ich hatte schon meine Reisetasche gepackt, aber ich kam mir vor wie in einem Traum. Das alles passierte mir? Ich werde heute noch rot, weil es mir so unglaublich peinlich war. Ein sehr großer Polizist stand in diesem Getümmel und fragte mich nur diesen einen Satz: Haben Sie Angst und möchten Sie aus der Wohnung raus? Ich konnte damals nur nicken, Worte fand ich keine. Dann ging alles recht schnell. Die Ärztin überredete meinen Ex mit nach unten zu kommen, um die Wunde versorgen zu lassen. Zum Glück tat er das auch und ein Polizist schnappte sich meine Reisetasche und in diesem ganzen Trupp von Polizisten verließ ich die Wohnung. Der Notarztwagen war weg, sie hatten ihn mit ins Krankenhaus genommen und schwupp saß ich in einem Mannschaftswagen und eine Polizistin drückte mir Flyer in die Hand. Gewalt gegen Frauen....

Für heute mache ich hier Schluss. Ich merke, wie sehr mich das Ganze herunterzieht und bevor ich den Rest des Tages mit meinen Depressionen zu kämpfen habe, versuche ich mich aus diesem Loch erstmal herauszuziehen.
Ich hätte nicht gedacht, dass das Niederschreiben so Kräfte zehrend ist und ich bin froh, mit dem Tagebuch angefangen zu haben.-Fortsetzung folgt-