um das Thema von Christian nicht weiter zu entfremden, möchte ich ein neues Wochenthema aufmachen.
Ich habe mich bei dem Thema von Christian sehr emotional verhalten. Ich stehe aber auch zu allem, was ich da geschrieben habe.
Ich bin ja nun 20 Jahre trocken und habe im realen Leben, wie auch hier im Forum tausende Menschen erlebt, die trocken werden wollten und viele es auch geschafft haben.
Was ich dabei bemerkt habe, sind zwei verschiedene Gruppen von trockenen Alkoholiker/innen.
1: Die eine Gruppe glaubt oder kommt zu mindestens so rüber, als wären sie besondere Menschen, nur weil sie nicht mehr saufen.
2:Die andere Gruppe sieht es zwar als besonderen Erfolg an, die Krankheit stoppen zu können, aber geben sich menschlicher.
1: Ich selbst kann es nicht nachvollziehen, warum man glaubt, ein besonderer Mensch zu sein, nur weil man keinen Alkohol mehr trinkt.
Das mag unter anderen trockenen Alkoholiker/innen der Fall sein, je nach dem, wie lange man trocken ist.
Ich erlebe es immer wieder, dass es für nicht süchtige Menschen zwar mit Respekt begegnet wird, wenn ich erzähle, dass ich trockener Alkoholiker bin, aber das war es auch schon. Einige, wenn nicht sogar die Mehrheit sehen es als normal an, sich nicht jeden Tag zu besaufen und sehen es auch nicht als Krankheit, sondern reine Willensschwäche.
Nun möchte ich mich ja in das normale Leben integrieren.
Da reicht es eben nicht, nur nichts zu trinken, sondern muss auch die normalen Eigenschaften entwickeln, die ein soziales Leben ermöglichen.
Klar gibt es auch unter nicht süchtigen Menschen Egoisten, aber möchte man so sein???
2: Zu der anderen Gruppe möchte ich mich zurechnen.

Ich möchte mich nicht auf einen trockenen Alkoholiker reduzieren lassen, sondern möchte ein normaler Mensch unserer Gesellschaft sein. Ich helfe gerne anderen Menschen, wo ich auch das Gefühl habe, sie wollen meine Hilfe.
Ich schaue nicht nur auf mich, dass es mir gut geht, sondern freue mich auch, wenn es anderen Menschen gut geht. Selbst wenn ich mich dabei dann nicht immer so wichtig nehme.
Ich bin nicht der wichtigste Mensch der Welt.
Ich möchte auch fair leben und nicht weiter nur meinen eigenen Vorteil sehen, wie zu meiner nassen Zeit.
Ganz besonders denke ich an die Menschen, dehnen ich es während meiner Saufzeit schwer gemacht habe. Dazu zählt vor allem meine Familie.
Es gab Zeiten, wo ich ihnen gesagt habe, wenn sie sich nicht nach mir richten, müssen sie eventuell wieder mit einem saufenden Karsten abfinden.
Heute sehe ich das als Erpressung, denn nicht sie sind schuld an meiner Sauferei, sondern einzig alleine ich.
Ich versuche meiner Familie und meinem Umfeld etwas zurückzugeben, was ich ihnen währen der früheren Zeit angetan habe. Meine Alkoholkrankheit ist dabei keine Entschuldigung für mein schlechtes egoistisches Verhalten.
Gesunder Egoismus bedeutet NICHT, nur sich zu sehen.
Gruß
Karsten