Aus meinen eigenen Erfahrungen möchte ich mal erläutern, wie ich eine stationäre Entgiftung im Krankenhaus erlebt habe.
Ich habe ( leider ) sehr viele Entgiftungen gemacht, die teilweise unnötig waren, weil ich eh nicht aufhören wollte, aber die letzten zwei Jahre vor meiner Nüchternheit, war das auch anders und ich hatte den festen Willen, nach der Entgiftung auch keinen Alkohol mehr zu trinken. Das ich doch wieder getrunken hab, steht auf einen anderem Blatt.
Im Jahre 1996, als ich nach einem einjährigem Aufenthalt in einer Selbsthilfewohngemeinschaft, wieder mal der Meinung war, es alleine zu schaffen, verließ ich diese Wohngemeinschaft und habe auch gleich wieder angefangen zu trinken.
In dem Obdachlosenheim, dass mir das Sozialamt zugewiesen hatte, wohnte ich und trank.
Das ging natürlich nur ein paar Wochen gut, weil mein Körper eh schon fertig war und ich nach dem einen Jahr Nüchternheit auch gleich wieder bei der alten Menge war.
Glücklicherweise war ich im Suff auch sehr streitsüchtig und wurde eines Tages zusammengeschlagen, was mich ins Krankenhaus brachte. Dort versorgte man mich und am zweiten oder dritten Tag kam eine Psychologe des Krankenhauses und unterhielt sich mit mir über mein weiteres Leben. Ich war in diesem Krankenhaus schon bekannt, weil ich dort öfter schon übernächtigt hatte.
Zum Ende des Gesprächs machte er mir den Vorschlag, mich auf die Entgiftungsstation zu verlegen, wo ich eine dreiwöchige Entgiftung machen sollte. Ich willigte ein, weil ich eh nicht wusste wohin.
Der erste Tag der Alkoholentgiftung
So richtig vom ersten Tag konnte man ja nicht sprechen, denn ich war ja schon auf der anderen Station ohne Alkohol und unter ärztlicher Aufsicht gezittert.
Als ich auf die Entgiftungsstation kam, ging es mir aber körperlich noch nicht besser. Ich zitterte immer noch und konnte auch kaum alleine laufen. Ich wurde dem Arzt vorgestellt, der mir auch gleich Medikamente verordnete, damit ich den Entzug sicher abschließen konnte.
Ich wurde dann einem Zimmer zugeteilt, wo es noch drei andere Betten gab, aber keiner der Patienten war da. Ich hatte ja kaum Sachen, weil ich aus dem Obdachlosenheim nichts mitgenommen hatte und auch kaum was hatte, was ich hätte mitnehmen können.
So legte ich die Handtücher, die ich vom Krankenhaus bekommen hatte, in den Schrank und setzte mich auf das Bett.
Meine Überlegungen waren auf das vergangene nüchterne Jahr gerichtet und warum ich nun schon wieder in einem Krankenhaus gelandet bin. Ich wollte endlich leben und nahm mir fest vor, diesmal alles anders und richtig zu machen.
Dann wurde ich zum essen gerufen. Ich hatte zwar keinen Hunger, aber ich ging in den Speisesaal, weil ich auch die Örtlichkeiten erkunden wollte. Als ich mich an den Tisch setzte, wo noch keiner saß, schaute ich mich um. Ich kannte das Alles schon, denn wieder saßen an einem großen Tisch eine Gruppe, wo ich aus den Gesprächen heraushörte, dass sie wie ich, genauso solche Dauerpatienten waren, die immer wieder hierher kamen. An den anderen Tischen saßen immer nur zwei, drei Patienten, die sich über normale Dinge des Lebens unterhielten.
Aus meinen früheren Krankenhausaufenthalten wusste ich, dass es jetzt zu einer Entscheidung kommen musste, welchen Patienten ich mich anschloss. Entweder gleich zu der großen Gruppe, wo ich früher immer gewesen bin, wo aber schon im Vorfeld klar war, dass ich mich dann wieder nicht auf die Entgiftung einlassen würde oder halt zu ein paar wenigen Patienten, die immer als Außenseiter von mir früher angesehen waren, denn solche Patienten waren oft zum ersten mal und meistens auch zum einzigsten mal hier.
Mir wurde die Entscheidung abgenommen, als sich plötzlich ein junger Mann an meinen Tisch setzte. Ich kannte ihn nicht und er schien auch hier niemanden zu kennen, der sah sich vorsichtig um. Wir unterhielten uns etwas und wie sich herausstellte, war er zum ersten mal in einer Alkoholentgiftung. Das ich schon öfter eine Entgiftung gemacht hatte, ignorierte er, denn er kante sich nicht aus.
Nach dem Mittag fand eine sogenannte „große Gruppe“ statt, wo sich alle Patienten im Speiseraum in einem Kreis setzten. Die Neuen sollten sich vorstellen. Der junge Mann und ich waren die einzigsten beiden Neuen an diesem Tag.
Ich hörte zu, was er sagte und da für ihm alles neu war, schämte er sich wohl auch etwas, denn seine Sätze kamen eher zögerlich heraus.
Dann war ich an der Reihe.
Wieder gingen meine Gedanken der Frage nach, wie ich mich positionieren sollte. Sollte ich den Coolen machen, der alles kennt und nichts nötig hat oder sollte ich mich darauf besinnen, diesmal an mich zu denken, um endlich ein anderes und besseres Leben führen zu können?
Heute Nachmittag geht es weiter mit dem Bericht.
Feedback kann natürlich gegeben werden

Gruß
Karsten